Cover_Leo_Picard.jpg
 

Die Familiengeschichte in Buchpublikationen, Forschungsberichten und Ausstellungskatalogen

Als erster des Familienkreises tritt der Geologe Leo Picard, Nathan Wolfs Neffe und Sohn der älteren Schwester Regine, im Jahr 1996 mit einer autobiografischen Schrift ans Licht der Öffentlichkeit – wobei man hinzufügen muss, dass der aus Wangen gebürtige »Wassermann«, so sein Ehrentitel in Israel, zu diesem Zeitpunkt nur in Deutschland relativ unbekannt ist. Seine Autobiografie erscheint unter dem Titel Vom Bodensee nach Erez Israel. Pionierarbeit für Geologie und Grundwasser seit 1924 im Konstanzer Hartung-Gorre Verlag.

Zwei Jahre später publiziert der Offenburger Historiker Martin Ruch die Aufzeichnungen von Nathan Wolfs Schwester Clementine Neu. Unter dem Titel Aus der Heimat verjagt. Zur Geschichte der Familie Neu veröffentlicht Ruch ihr Tagebuch aus den Jahren 1923–1949 zusammen mit Erinnerungsberichten ihrer Kinder Erwin, Alice und Erich.

Erste Forschungen zur Tätigkeit Nathan Wolfs als Fluchthelfer unternimmt der Schweizer Historiker Franco Battel in seiner im Jahr 2000 veröffentlichten Dissertation: Wo es hell ist, dort ist die Schweiz.

Im Jahr 2012 wird Nathan Wolfs Engagement als Fluchthelfer im Freiburger Augustinermuseum gewürdigt: Liebe deinen Nachbarn – Beziehungsgeschichten im Dreiländereck heißt die vom Haus der Geschich­te Baden-Württemberg organisierte Landesausstellung. Unter dem Titel »Ordensträger als Emigrantenschlepper« porträtiert Kuratorin Franziska Dunkel den Arzt im Ausstellungskatalog.

Zwei Jahre später reist Nathan Wolf mit seiner Ordenssammlung ins Jüdische Museum nach München. Wolf ist einer von sechs jüdischen Protagonisten, deren vaterländisches Engage­ment im Ersten Welt­krieg abgebildet wird. Krieg! 1914–1918. Juden zwischen den Fronten heißt die von einem umfangreichen Katalog begleitete Ausstellung.

Cover_Ruch.jpg
Cover_Battel.jpg
Cover_Liebe.jpg
Cover_Krieg.jpg
 

 

Nachdem Hannelore König ihre Lebensgeschichte ein erstes Mal im Jahr 2004 dem Schriftsteller Manfred Bosch erzählt hat, der sie in wich­tigen Teilen im Hegau Jahrbuch auf das Jahr 2007 Jüdische Kultur im Hegau und am See präsentiert, wird sie mit ihrer präzise erinner­ten Familienerzählung im Jahr 2009 zu einer der tragenden Stimmen in Marcus Welschs Dokumentarfilm Landschaftsgeschich­ten.

Das mehrstündige Rohmaterial zur Geschichte der Familie Wolf sichert der Regisseur für den Freundeskreis Jacob Picard auf sechs Sichtungs-DVDs, die für Forschungszwecke zur Verfügung stehen.

Im Jahr 2013 entsteht daraus für die Gedenkstätte Jacob Picard in Wangen ein einstündiger Film: »… und dann waren wir wieder da, wo wir hingehören.« Hannelore König und Gert Wolf erzählen. Die Kinder des „letzten Juden von Wangen“ über Leben und Verfolgung auf der Höri.

 
 

 
Nathan Wolf

Nathan Wolf

Tagebuch_NW_K8_128.jpg

Im Juli 2014 erscheint eine Auswahl aus den Kriegstagebüchern Nathan Wolfs im Druck. Die Textauswahl macht ein hochkomplexes Selbstzeugnis zugänglich, das die Gedanken- und Gefühlswelt eines deutschen Juden in der Extremsituation des Ersten Weltkriegs transportiert.

 »Dieser Krieg ist für den 32-jährigen Nathan Wolf das Wichtigste und Größte, das er in seinem Leben erfahren konnte: in den vier Kriegsjahren lebte er im Gleichschritt mit der deutschen Geschichte, der er sich mit seiner ganzen Existenz unterwarf. Diese vollkommene Vereinigung von Individuum und Vaterland führte zu einer enormen Aufwertung der Person, die mit Uniform und militärischem Rang ausgestattet und bald auch mit Orden ausgezeichnet wurde. Ob es je wirklich eine deutsch-jüdische Symbiose und nicht nur eine unerwidert gebliebene Liebe gegeben hat, hat Gershom Scholem zu Recht bezweifelt. Die Tagebücher Wolfs legen dagegen nahe, dass es während der vier Kriegsjahre durchaus so etwas wie eine militärische deutsch-jüdische Symbiose gegeben hat.« Aleida Assmann in ihrem Vorwort

»Ich will als ein ganzer Mann und wahrhaft Deutscher zurückkehren, mit reinem Gewissen.«

Die Kriegstagebücher des Nathan Wolf aus den Jahren 1914 bis 1917,
ausgewählt und kommentiert von Anne Overlack, mit einem Vorwort von Aleida Assmann.

Hegau-Bibliothek, Bd. 162 ∙  Reihe Forum Allmende, Bd. 10
Juli 2014, 120 Seiten, gebunden, 14,80 €.
ISBN 978-3-942058-06-3

 

 
FA_Gedenkheft.jpg

Anlässlich der 75. Wiederkehr der Deportation der badischen und saarpfälzischen Juden nach Gurs erscheint im Oktober 2015 ein Gedenkbuch, das nicht nur an die vertriebenen und später ermordeten jüdischen Bürgerinnen und Bürger Wangens erinnert, sondern auch an jene Wangener, die im Herbst 1940 der Euthanasie zum Opfer fielen.

Wangen am See, September und Oktober 1940.
Ein Gedenken

Herausgegeben vom Freundeskreis Jacob Picard.
Wangen, Oktober 2015
Hegau Bibliothek, Bd. 169
ISBN 978-3-942058-09-4

 

 
OVERLACK_HEIMAT_.jpg

In der Heimat eine Fremde – Das Leben einer deutschen jüdischen Familie im 20. Jahrhundert heißt das im Frühjahr 2016 erschienene Buch zur Ausstellung und zur Familiengeschichte der Wolfs, das Erzählung und Dokumentation miteinander verbindet.

»Dieses Buch sollte zu einem Volksbuch werden.
Es packt, es erschüttert, es öffnet uns die Augen.«
Peter von Matt

»In der Heimat eine Fremde« erzählt Geschichte auf besondere Art: eine Erzählerin mit einem überaus präzisen Erinnerungsvermögen, die ihr langes Leben anschaulich, humorvoll und anekdotenreich Revue passieren lässt – eine Dokumentation, die diese detailgenaue Erzählung illustriert, ergänzt, einige wenige Male auch korrigiert – und schließlich Bilder, die beglaubigen, was geschrieben steht: ja, all diese Menschen haben wirklich gelebt, damals in dem kleinen Dorf am Bodensee, in unmittelbarer Nähe zur Schweiz, die während eines finsteren Jahrzwölfts zum rettenden Fluchtpunkt wurde.

»In der Heimat eine Fremde« greift über die Nazizeit weit hinaus, erzählt vom Davor und bezeugt das Danach, in einer Familie und in einem Dorf, über ein gutes Jahrhundert hinweg – und berichtet von Glück und Unglück, von Angst, Not und Tod, von Mut und Kleinmut, vom Sichzurechtfinden im fernen Amerika, das zur anfangs distanziert und später mit viel Empathie betrachteten Heimat auf Zeit wird, und erzählt auch vom bundesrepublikanischen Alltag einer Juristin, die ihren Beruf liebt.

Der eigentliche Sehnsuchtsort aber bleibt über Jahrzehnte hinweg das kleine Dorf am See.

Großformat, 320 Seiten, 153 s/w Abbildungen und 2 Karten, geb. mit Schutzumschlag und 2 Lesebändchen, 34 €, 2016, ISBN 978-3-942058-15-5


 
picard_einband.jpg

Jacob Picard
1883–1967

Dichter des süddeutschen Landjudentums

Erarbeitet von Manfred Bosch

»Ich lebe seit drei Jahrhunderten am Bodensee«, hat Jacob Picard (1883–1967) einmal von sich gesagt. Er meinte damit die lange Zeit, in der es in seinem Heimatdorf Wangen auf der Höri nicht nur jüdisches Leben, sondern auch ein auskömmliches Miteinander mit den christlichen Mehrheiten gegeben hatte. Wie die Landjuden jener Jahrhunderte, vor allem im 19., ihre Tage hinbrachten, ihre eigenen Milieus und Traditionen ausbildeten und bewahrten: davon erzählt Jacob Picard in einem schmalen, innerhalb der deutsch-jüdischen Literatur singulären Werk, in dessen Zentrum seine landjüdischen Erzählungen stehen. Sie entstanden zu einem Zeitpunkt doppelter Bedrohung, da das Landjudentum aufgrund der Stadtflucht ohnehin seiner Auflösung entgegenging und die Nationalsozialisten die Reste jüdischen Lebens gewaltsam auszulöschen begannen. Heute gilt Jacob Picard mit seinen anrührenden Erzählungen in einem Stil psalmodischer Mündlichkeit als literarischer Überlieferer des süddeutschen Landjudentums, das das Ghetto nie gekannt hat und bäuerlich, glaubenstreu und selbstbewusst in einem war.

Dieser Band erscheint aus Anlass des 50. Todestages von Jacob Picard. Er wird herausgegeben vom »Freundeskreis Jacob Picard«, der sich dem Andenken an den Dichter ebenso verpflichtet weiß wie der Geschichte des jüdischen Lebens auf der Höri. Neben Auszügen aus den Erinnerungen Picards bietet er vielfältiges Material zu dessen Leben und Werk.

Herausgegeben vom Freundeskreis Jacob Picard
Drey-Verlag, Gutach, 2017, 128 Seiten, geb., 12 € ISBN 978-3-933765-91-8